Rom II – zwischen unzähligen Stufen, antiken Statuen und luftigen Höhen
Ein Reisetagebuch von Lisa Katharina Wilschewski
Um 6 Uhr werde ich von meinem Wecker aus dem Schlaf gerissen und höre als erstes die Geräusche, mit denen ich gestern auch eingeschlafen bin. Auf der geschäftigen Straße unter unserem Hotelzimmer fahren Autos, Roller und Busse. Für uns geht es zuerst zum Frühstück, bevor wir per U-Bahn zum Vatikan fahren. Heute stehen die Vatikanischen Museen auf dem Programm, vor denen sich schon am frühen Morgen eine meterlange Schlange gebildet hatte. Kurz denke ich, wir müssen uns dort anstellen, jedoch hatten wir unsere Tickets vorher online gebucht und können so direkt zum Eingang gehen. Nach einem Sicherheitscheck mit Flughafen-ähnlichen Schleusen, bei denen es niemanden interessiert, ob der Sensor anfängt zu piepen oder nicht, werden wir auf der Terrasse mit einem Blick zum Petersdom begrüßt. In der Pinakothek sehen wir zunächst eher mittelalterliche Kunstwerke und Ausstellungsstücke, bevor wir wenig später die Antiken bewundern können. Es ist voll im Museum; das Tempo, in dem wir die Ausstellung durchlaufen, ist sehr, sehr langsam. Trotz der vielen Menschen ist es nicht laut, im Hintergrund hört man nur ein ständiges Gemurmel von Menschen. Gegen Ende des Rundgangs kommen wir zum ersten Highlight der Vatikanischen Museen: den Stanzen von Rafael. Durch Bauarbeiten war leider ein Teil der Gemälde verdeckt, diejenigen, die ich sehe konnte, beeindrucken dafür umso mehr durch akkurate Abbildungen. Wenig später erreiche ich die Sixtinische Kapelle, oder auch Capella Sistina. Die Gemälde an den Wänden und der Decke wurden von einer Gruppe aus mehreren Künstlern bemalt, darunter unter anderem Sandro Botticelli und Michelangelo. Leider bleibt mir nicht viel Zeit, die Details zu bestaunen, da wir vom Personal ständig weiter gedrängt werden. Ständig fordern Durchsagen dazu auf, still zu sein und nicht stehen zu bleiben, trotzdem hört man leise Stimmen.
Unser nächstes Ziel auf unserem heutigen Programm ist der Petersdom. Für uns gibt es die Möglichkeit, auf 551 Stufen in die 28,5 Meter hohe Kuppel zu steigen. Eine Chance, die ich mir nicht entgehen lasse. Nach einigen Stufen erreiche ich das Innere der Kuppel, genau über dem Papstaltar. Als ich mir die mit Mosaiken verzierte Kuppel genauer anschaue, denke ich darüber nach, das 551 Stufen gar nicht so schlimm waren, wie ich sie mir vorgestellt hatte. Bis eine Freundin, die auch mit auf der Kuppel war, fragte, ob wir weitergehen wollen. Nach kurzer Verwunderung, wohin sie denn weitergehen möchte, wird mir klar, dass das nur der Anfang war. Später lese ich, dass an diesem Punkt noch knapp 450 Stufen auf mich warteten und ich noch lange nicht am höchsten Punkt der Kuppel angekommen war… Nach den restlichen 450 Stufen kam ich endlich oben, auf fast 30 Metern Höhe an und wurde mit einem wunderschönen Ausblick über den Vatikan und Rom, bis zu den Bergen des weit entfernten Apennins belohnt. Ein schwacher Wind weht mir um die Ohren, als ich am Rand der Kuppel stehe und meinen Blick schweifen lasse. Trotz des wenigen Platzes ganz oben stehen viele Menschen um mich rum, die meisten sind aufgeregt und reden in ihrer Sprache mit ihren Begleitpersonen.
© Lisa Katharina Wilschewski
© Lisa Katharina Wilschewski
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Die Sonne knallt auf die Dächer Roms, als ich mich entscheide, den Weg nach unten anzutreten. Nach vielen Stufen und durch enge Gänge geht es nach unten, bevor ich im Mittelschiff des Petersdoms stehe. Die imposante Kuppel, in der ich vorhin noch stand, thront nun über mir. Kurz danach trete ich aus dem Sitz des Papstes im Vatikan hinaus in die Mittagshitze der italienischen Hauptstadt. Wir laufen über die Via della Conciliazone aus der Vatikanstadt hinaus, zur Engelsburg. Zwischen unzähligen Autos stehen wir vor dem Castel Sant’Angelo, was im Gegensatz zum Petersdom eher ernüchternd wirkt. Über die gleichnamige Engelsbrücke überqueren wir den Tiber und lassen uns in einem kleinen Lokal in der Stadt unser Mittagessen schmecken. Das „Coronari Bistrot“ ist zwar sehr klein, aber wunderschön eingerichtet, mit viel Liebe zum Detail. Das Essen schmeckt ebenfalls gut.
Wir entscheiden uns noch eine nicht weit entfernte Kirche anzusehen, auf dem Weg dorthin fällt mir jedoch auf, dass ich die kleine Tüte mit Postkarten, die ich auf der Terrasse des Petersdoms gekauft habe, gar nicht mehr in der Hand halte. Mein Blick wandert zu meiner kleinen grauen Umhängetasche mit Sternchen darauf, jedoch sind auch dort keine Postkarten verstaut. Mir dämmert langsam, wo ich die Postkarten habe liegen lassen und so laufen wir schnell zurück zum Restaurant, in dem wir gegessen haben. Ich hoffe die ganze Zeit, dass meine Postkarten noch dort sind, während wir einige Male von römischen Autofahrern angehupt werden. Wenige Minuten später stehen wir wieder im Restaurant und versuchen, dem Kellner deutlich zu machen, weswegen wir nochmal da sind. Trotz unserer Kommunikation mit Händen und Füßen, gelingt es uns, deutlich zu machen, dass wir liegen gelassene Postkarten suchen und nichts essen oder trinken wollen. Nach einem gezielten Griff hinter den Tresen holt er eine kleine weiße Papiertüte hervor, in der meine Postkarten und Briefmarken zu finden sind. Wir lachen und bedanken uns, während der Kellner uns auf italienisch hinterherruft. Ein letztes Mal drehen wir uns um, lachen und winken, bevor er zurück ins Lokal geht.
Durch enge Gassen, gesäumt mit hohen Häusern durch deren offene Fenster man italienische Musik hören kann, laufen wir zurück zur Engelsbrücke. Dort angekommen, warten wir noch etwas auf unsere Mitreisenden, bevor wir den Weg zum Ara Pacis antreten. Auf dem Weg dorthin laufen wir auch noch in ein Filmset, die Italiener waren natürlich nicht sehr begeistert. Wer bei dem Wort „ARA Pacis“ jetzt einen Papagei erwartet, hat weit gefehlt, denn bei dem Bauwerk handelt es sich um einen antiken „Altar des Friedens“ aus vergangenen Zeiten. Heute ist der Altar vor Wind und Wetter geschützt in einem riesigen Glasgebäude ausgestellt, das extra für ihn gebaut wurde. Wir beschäftigen uns ca. 30 Minuten mit dem antiken Opferaltar, bevor wir den Glaspavillon wieder verlassen und in Richtung Piazza Navona aufbrechen.
Auf der Piazza angekommen, sehen wir einen riesigen Obelisken in den blauen Himmel ragen. Jedem, der Dan Browns Roman Illuminati gelesen hat bzw. den zugehörigen Film kennt, weiß, dass im Vier-Strömebrunnen Tom Hanks A.K.A. Professor Langdon ein eher unfreiwilliges Bad nimmt. Diese Aktion sollte man auf keinen Fall nachstellen, denn auch hier sorgen Mitarbeitende der Römischen Sicherheitsbehörden mit Trillerpfeifen für Ordnung.
Nachdem wir den Piazza Navona wieder verlassen und glücklicherweise keiner aus unserer Gruppe die berühmte Illuminati-Szene nachstellte, war das offizielle Programm des Tages beendet. Ich und einige Freundinnen entscheiden, mit dem Bus in Richtung des Hard Rock Café Rom zu fahren. Am Piazza Navona war schnell ein Laden gefunden, in dem wir Tickets lösen konnten und so ging es für uns zu Fuß wieder zur Via del Corso, wo wir nach wenigen Minuten in den Bus einstiegen. Schnell wurde uns bewusst, dass römische Busfahrer weder Rücksicht auf Verluste, noch auf stehende Passagiere nehmen und die Bremsen offensichtlich ein nicht sehr oft benutzter Teil des Busses sind. Personen stehen dicht an dicht gedrängt im Bus und wir finden einen Platz Nahe den Türen. Ungefähr 10 Minuten und eine sehr, nun ja, spezielle, Busfahrt später, stehen wir an einer anderen Haltestelle und treten den Fußweg in Richtung des Cafés an. Einige Meter später stehen zwei Polizisten vor einem Gebäude. Wir laufen gerade an ihnen vorbei, als einer von ihnen meinte, besonders witzig zu sein und uns mit einem „buh“ und einer zuckenden Bewegung zu erschrecken. Bei meinen Freundinnen hat das eher wenig Wirkung gezeigt, ich jedoch fiel fast auf die Straße vor Schreck. Die Polizisten lachten, während ich mit hochrotem Kopf weiterlief. Eine abenteuerliche Straßenüberquerung später standen wir schließlich im Hard-Rock Café Rom. Innen sieht es aus, wie in jedem anderen Hard Rock Café auch, das Merch ist genauso teuer wie in jedem anderen Hard Rock Café auch und im Hintergrund spielt leise dieselbe Musik wie in jedem anderen Hard Rock Café auch. Trotzdem lasse ich es mir nicht entgehen, einen Hoodie mit der typischen Aufschrift zu kaufen und „tschüss“ zu 45 € in meinem Portemonnaie zu sagen.
Auf unserem Heimweg laufen wir noch einmal am Polizisten vorbei, der mich vorhin erschreckt hatte, diesmal grinst er mich lediglich an. Im Hotel angekommen gibt es Babykarotten und italienisches Fladenbrot aus dem Supermarkt nebenan zum Abendessen, bevor ich müde in mein Bett falle.
© Nick Bondarev
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