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Lokale Auseinandersetzung mit Rassismus und Kolonialismus: Das Eisenberger „M.-Fest“

Ein Gastbeitrag von AIS (Antifaschistisch*Initiativ*Solidarisch) Saale-Holzland

In verschiedenen deutschen Städten hat längst eine Debatte darüber begonnen, dass die Namen von Straßen, Einrichtungen, Cafés und Plätzen noch immer das koloniale Erbe Deutschlands und Westeuropas widerspiegeln. Siehe auch den Artikel zur geforderten Umbenennung des Nettelbeck-Ufers in Erfurt von Janik Müller.

Migrantische Selbstorganisationen und antifaschistische Gruppen setzen sich an vielen Orten dafür ein, solche Namen zu verändern und damit ein romantisiertes Andenken an diese problematischen Persönlichkeiten und Gegebenheiten nicht mehr zu tolerieren. Städte und Gemeinden in Deutschland sind hier mal mehr mal weniger progressiv oder kooperativ. Auch in anderen Ländern der Welt wird das Andenken an sogenannte ‚Volkshelden‘, die zu Lebzeiten in Wahrheit oft in Sklaverei, Kolonialismus und Unterdrückung verwickelt waren, zunehmend kritisch hinterfragt – ein prominentes Beispiel ist der Umgang mit dem Columbus-Day auf dem amerikanischen Doppelkontinent.

Ein jüngeres Beispiel für ein Verteidigen rassistischer/kolonialer Namensgebung ist jedoch im Saale-Holzland-Kreis zu finden, wo die Stadt Eisenberg seit 2019 (!) das Stadtfest unter dem Namen M.-Fest (TW: Rassismus) begeht. Trotz erheblicher Kritik, zum Beispiel durch die Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland (ISD), hält die Stadt am Namen fest und begründet das damit, dass der Begriff M. in diesem Falle mit der Geschichte der Stadt und einer lokalen Sage verknüpft sei und damit nicht rassistisch. Dass weiße Menschen wie Michael Kieslich (Bürgermeister Eisenberg) die Deutungsmacht darüber beanspruchen, was als rassistisch gewertet wird und was nicht, hat direkt mit struktureller Diskriminierung als solche zu tun: Privilegierte Stimmen werden gehört und sind von Gewicht – Angehörige marginalisierter (-> ausgeschlossnener/diskriminierter) Gruppen sind nur dann von ernsthaftem Interesse, wenn sie dazu geeignet sind, Vorwürfe zu entkräften und zu beschwichtigen. Und so initiiert die Stadt Eisenberg auch eine Ausstellung im Rahmen des Stadtfestes, in der sich die vielfältigen Stadtbewohner*innen porträtieren lassen können, wenn sie stolz sind Eisenberger*innen zu sein – nicht gehört, sondern gesehen werden ist hier wohl das Motto. Die Stadt möchte erreichen, dass sich auch nicht-weiße Menschen an der Ausstellung beteiligen, um sich von rassistischen Vorwürfen reinwaschen zu können – das nennt man „Tokenism“ (von engl. Token – Symbol/ Zeichen/ Spielfigur).

Aktivist*innen stürzen Statue von Christoph Kolumbus in St. Paul, USA.

In und um Eisenberg regt sich der Widerstand gegen das M.-Fest: Lokale Akteur*innen müssen einsehen, dass die Stadt nicht einlenken wird und entwickeln Alternativen: So stellt eine lokale Aktionsgruppe in Zusammenarbeit mit AIS Saale-Holzland eine Gegenveranstaltung mit dem Namen ‚Eine Stadt für Alle? Gegen den rassistischen Konsens!‘ auf die Beine. Redebeiträge zum Thema werden durch musikalisches Programm und Infostände antirassistischer Aktivist*innen ergänzt. Dr. Gero Fedtke von der Uni Jena, der sich historisch mit der Eisenberger M.-Sage auseinandergesetzt hat, gibt einen Input und Soha Hallawe berichtet von ihrer Forschung zu Alltagsrassismus in Gera. Ziel der Veranstaltung ist Aufklärung der Bevölkerung über Rassismus und die Sichtbarmachung widerständiger Arbeit gegen das Eisenberger M.-Fest. Dabei geht es ausdrücklich nicht darum, die Stadt oder ihre Bewohner*innen zu verunglimpfen und die Lokalgeschichte umzuschreiben, sondern zu lange ignorierte Kritik auf die Straße zu bringen und Betroffenen und Unterstützer*innen Gehör zu verschaffen. Die Veranstaltung ist für den 18.06.2022 um 14 Uhr im Friedenspark Eisenberg geplant und offen für alle Interessierten.

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